Handschuhsheimer Wintermärchen
Das Pokalfinale des Badischen Handball-Verbands der Männer stieg am 22.12.18 beim gastgebenden TSV Handschuhsheim. Gegner war der klassenhöhere TV Knielingen, Fünfter der Badenliga.
Die Gäste eröffneten standesgemäß den Reigen nach genau einer Minute, doch Felix Weber und ein Dreierpack von Vincent Stupp und Handschuhsheim war mit 4:1 im Spiel. Marius Krembsler und wieder Stupp erhöhten auf 6:3, nicht nur die Knielinger rieben sich die Augen. Aber Benjamin Borrmann hielt seinen TVK in der Spur, in Halbzeit eins war er kaum in den Griff zu kriegen. Der vorzügliche Salem Abou-Zahra parierte einen Strafwurf, Weber hingegen verwandelte seinen und Niko Ullmerich zimmerte die Kugel von Außen ins Gebälk, Auszeit Knielingen. Das hatten sich die Karlsruher bequemer vorgestellt. Die Defensive um Klaus Dahlmann kämpfte leidenschaftlich und wenn etwas durchrutschte dann war da noch der äußerst agile Salem Abou-Zahra, ein Rad griff ins andere. Zwei kleine Fehler vor der Pause bestraften die Knielinger umgehend, 13:12 zur Halbzeit.
In der Kabine war man sehr zufrieden mit den ersten dreißig Minuten, man befand sich mit dem Klassenhöheren mindestens auf Augenhöhe. Es standen noch extrem harte dreißig Minuten auf dem Programm, mindestens. Knielingen kam besser in Tritt, die Wut wurde in Energie umgewandelt, der TVK-Express nahm Fahrt auf. 14:17, der Favorit im Tritt. Auf der Kommandobrücke des TSV dachte man über eine Auszeit nach, doch Salem Abou-Zahra parierte, millimetergenauer Pass auf Felix Weber, der eiskalt gleich drei Gegenstöße abschloss. Die Löwenanhänger jubelten, der TSV war zurück. Als Vincent Stupp die erneute Führung zum 19:18 netzte, rastete die Löwenkurve aus. Gleich zwei Zeitstrafen trübten die Freude. Doch der TSV verteidigte mit aller Vehemenz seine Führung. Noch fünfzehn Minuten und die Löwen mit 21:19 vorne, jetzt bloß nicht nachdenken. Gegen diese starke Truppe kann man einfach nicht die Uhr herunterspielen. Also weiter mit diesem Tempo und mit der Intensität, sonst ist der Pott weg. Knielingen versuchte es mit Manndeckung, zur Freude von Marius Krembsler. Die Schiris zeigten Zeitspiel an, Marius Krembsler mit Ball auf Linksaußen. Ein Hammer aus dem Unterarm flackte ins lange Eck, die Zuschauer feierten mit Standing Ovation. Vier Minuten vor dem finalen Gong stieg Jonas Bald in die Lüfte und knallte das Spielgerät in den Winkel, 26:22 und nur noch vier Minuten. Das könnte klappen, das Unmögliche. Auszeit Knielingen. Beim TSV waren alle fokussiert, einen Angriff noch abwehren war die Devise. Der TVK mit dem siebten Feldspieler als weiteres Mittel. Ein Wurf wurde blockiert, Salem Abou-Zahra schnappte sich die Kugel, registrierte blitzschnell die Situation und schickte das Leder Richtung verwaistem Gehäuse. 27:22 und nur noch drei Minuten, das sollte es gewesen sein. Die Körpersprache der Karlsruher sprach Bände. Euphorisch jubelten die Löwenanhänger, unermüdlich angetrieben von Trommler Walter Drück. Drei Minuten Kür für Handschuhsheim, Pflicht für Knielingen. Bei der Schlusssirene ein orkanartiges Gewusel in blau-weiß-schwarz, der Hammer war gefallen, Handschuhsheim hat den klassenhöheren TVK geschlagen und zum ersten Mal den Badischen Pokal an die Tiefburg geholt. Enttäuscht, aber fair gratulierten die geschlagenen Knielinger. Gemeinsam mit den lautstarken Anhängern wurde das Unglaubliche gefeiert.
Der BHV schickte Harry Sauer mit den obligatorischen Handbällen und einem Pokal, der eigentlich keiner ist. Das war Kapitän Salem Abou-Zahra egal, unter ekstatischem Jubel reckte er den Dreizack Richtung Hallendach. Aber so richtig glauben konnte das Husarenstück noch niemand, die Überraschung war zu groß.
Sportlich fair zeigte sich Mannschaftsverantwortlicher Jochem Siegel vom TVK, der in der Vorfreude schon T-Shirts mit dem Aufdruck „Badischer Pokalsieger 2018“ drucken ließ. Da Knielingen spätestens seit 19.13 Uhr keine Verwendung dafür hatte, übergab er diese unserem TSV mit den Worten:“Die könnt ihr besser gebrauchen.“ Der Wirt des Rebstocks in Knielingen bestand sogar noch auf ein Mannschaftsfoto mit dem amtierenden Badischen Pokalsieger. Einzig die Farbwahl der neuen T-Shirts ist tragisch: nicht blau, sie sind grün.
Bei den ersten Feierlichkeiten auf der Baustelle im Foyer konnte man so langsam das Wunder glauben. Nun ging es weiter, mit dem Taxi direkt ins Weinloch. Da man aus dem gewonnenen Pokal nicht trinken kann, wurde er erst gar nicht mitgenommen. Prächtige Stimmung im Hinterzimmer herrschte im Weinloch, bis es zum Ausklang noch ins Ziegler ging.
Für den TSV schrieben Geschichte:
Philipp Gspandl und Salem Abou-Zahra 1 (beide im Tor) – Felix Weber 9/4, Marius Krembsler 4, Paul Pscherer, Robin Gassert, Andreas Layer 1, Chris Joswig 1, Klaus Dahlmann 1, Jonas Bald 1, Vincent Stupp 7, Daniel Schmitt 1, Niko Ullmerich 2, Joscha Frank 1.