Krimi in Odenheim

Im BHV-Pokal Halbfinale legte der TSV Handschuhsheim eine Nachtschicht in Odenheim ein. Bei dieser Begegnung trafen der amtierende Kreispokalsieger Bruchsals auf den aktuellen Heidelberger Pokalbesitzer. Salem Abou-Zahra, Andreas Layer und Marius Krembsler mussten diesen Kracher schon im Vorfeld berufsbedingt absagen. Kurz vor der Abfahrt machte die Deutsche Bahn auch noch Pascal Riedel einen Strich durch die Rechnung. Selbstlos sprangen Philipp Gspandl sowie die Drück-Brothers Erik und Sören ein und scheuten nicht die lange Fahrt in die Tiefen des Kraichgaus.

Dort angekommen war ungeachtet des unattraktiven Termins bis auf drei Plätze jegliche Sitzgelegenheit besetzt. Während dem Warmmachen gab sich Jürgen Brachmann, der Vorsitzende des Handballkreises Heidelberg, die Ehre und begrüßte die Trainer Jonas Kari und Gerhard Stern. Mit den Schiedsrichtern Florian Pickarts und Marco Wolf traf man auf alte Bekannte, es war nun schon die dritte Begegnung in der Runde unter deren Leitung. Odenheim machte von Anfang an deutlich, dass sie ins Finale kommen wollten. Doch Vincent Stupp und Felix Weber konterten das 1:0 und Nico Mairle wischte noch einen Strafwurf aus dem Winkel.
Vincent Stupp und Chris Joswig erhöhten zum 2:5, es sah gut für die Löwen aus. Schnell absetzen, das Spiel kontrollieren, ab ins Finale und schnell nach Hause. Beim 5:9 lief es. Doch schlagartig wurde alles ganz anders. Den Löwen flutschte das harzige Spielgerät durch die Hände. Sie schafften es, in einem einzigen Gegenstoß dreimal die Murmel fallen zu lassen. Die aufopferungsvollen Odenheimer waren nun hellwach, beim 9:9 waren sie wieder da, die Zuschauer riss es von den Sitzen. Auch die grüne Karte änderte nichts, die starken Gastgeber schraubten an der Sensation. Mit 12:10 ging es eine Etage höher, nicht in den Handballhimmel, sondern in die Kabinen. Klare und deutliche Worte wurden im Südtrakt des ersten Stockes der Schulsporthalle vernommen.

Einfach den Schalter umlegen ist gar nicht so leicht. Dies stellte der TSV nun fest. Die SG legte ständig vor, Felix Weber, Joscha Frank und Daniel Schmitt hielten Anschluss. Beim 17:17 durch Robin Gassert wähnte man sich im Zwischenhoch, doch das verpuffte, als man eine Überzahl verdumbeutelte. 21:18 und nur noch elf Minuten, eigentlich ein Statement. Jonas Kari legte den letzten grünen, folierten Karton, um einen finalen Appell an die Mannschaft zu richten. Es wurde zur Aufholjagd geblasen, Tor um Tor wurde aufgeholt, die Kulisse auf der Odenheimer Gegengeraden war entsetzt. Schmitt, Ullmerich und Bald ballerten, ein 20:20 gab dem TSV Hoffnung. Nun kam der unwiderstehliche Chris Joswig zum Zug, ein Dreierpack des Kreiskriegers, der TSV auf dem Weg ins Finale. Auszeit der SG, die Stimmung beim TSV siegessicher. Doch zweimal kam der Flutschfinger zum Tragen, Odenheim egalisierte. 26:26 und 50 Sekunden noch auf der Uhr, der TSV im Ballbesitz.
Man wollte die Zeit runter spielen, dann das große Missgeschick, ein Fehlpass zehn Sekunden vor dem großen Gong und die SG nun im Ballbesitz. Ein blitzschneller Konter wurde aber nicht genau gefangen, so dass der gazellenartige Robin Gassert den Angreifer beim Aufheben des Harzers stellen konnte. Als dieser sich in die Luft wirbelte, entschieden die Schiris auf direkten Freiwurf und Zweiminuten. Zum Glück ging der Wurf aus Sicht des TSV in Richtung Anzeigetafel, die knapp unter dem Hallendach angebracht ist. Extratime. Zwei mal fünf Minuten wurden obendrauf gegeben, um kurz vor 22 Uhr stand der erste Finalist noch immer nicht fest. Auch wenn es noch so spät war, alle Sitze blieben besetzt, niemand verließ die Odenheimer Arena. Es war einfach zu spannend. Die Gastgeber wollten es wissen, sie enteilten rasch auf 29:27. Daniel Schmitt tankte sich durch die SG-Phalanx, 29:28 und der letzte Seitenwechsel stand an. Die Akteure gaben ihr Letztes, die Halle brodelte. Niko Ullmerich und Vincent Stupp netzten ein, 30:30 und noch über zwei Minuten zu spielen, aber beide Mannschaften konnten nicht mehr scoren.

Um 22.15 Uhr baten die Herren Wolf und Pickarts zum alles entscheidenden Siebenmeterschiessen. Der sonst so sichere Felix Weber hatte verwachst, nun die SG am Zug, aber Nico Mairle parierte. Nächste Chance durch Daniel Schmitt, der aber dem Torsteher genau auf den rechten Fuß traf, der bewegungslos da im Torraum stand. Wieder nichts. Die SG hingegen schoss diesmal ins Gehäuse, riesiger Jubel brandete auf. Standing Ovations der Odenheimer Ultras, Jubelarien wurden angestimmt, einzig das Pyro-Verbot wurde noch eingehalten. Tänzchen bei den Spielern, Freudengeschrei der Fans. Doch Sören Drück steigerte die Ekstase noch, in dem er den dritten TSV-Strafwurf verballerte. Damit war eigentlich alles gelaufen, die SG so gut wie im Finale. Doch was macht denn der Nico Mairle da? Was macht dieser verrückte Kerl denn da? Um 22.16 Uhr krallt er sich den nächsten Strahl auf seine Bude.
Die Euphorie wurde schlagartig herunter gefahren. Joscha Franks Frisur saß auch noch um 22.17 Uhr korrekt und auch sein Wurf. Einmal tunneln bitte, die rein theoretische Chance auf das Endspiel war existent, aber sehr gering, da die SG zum 32:31 einwarf. Nun musste Vincent Stupp treffen und die SG im Nachgang verwerfen, nur so konnte es für den TSV weiter gehen. Ansonsten würden in der Arena alle Dämme brechen. „Iceman“ Vince schraubte die Kugel ins rechte untere Eck. Ausgleich und Odenheim mit dem vorerst letzten Siebenmeter. Nico Mairle pumpte sein lila Torwartgewann maximal auf, schaute noch grimmiger als bei einer Auswechslung seinerseits. Dies hinterließ anscheinend Spuren in der Psyche des Auszuführenden. Rumms und nun jubelte der TSV.
Die Odenheimer Nachtschicht ging weiter. Auf kurzem Dienstweg wurde entschieden, dass ab so sofort „Mister Hundertprozent“ Chris komplett die Ausführung übernimmt. Chris Joswig betrat die Bühne. Das hier war nun sein ganz persönliches Palazzo. Der erste zischte rechts tief in die Maschen. Aber Nico war auch chancenlos. Chris die Zweite: Psychospiele. Der SG-Goalie tippte auf Eckwechsel, aber unser Zocker Chris packte exakt denselben Wurf aus, der TSV eins vorne. Doch Nico war im nächsten Duell nochmals zweiter Sieger, für die SG alles im grünen Bereich. Chris die Dritte, bitte! Die Odenheimer griffen in die Trickkiste, Keeper Nummer zwei stellte sich dem Duell. Doch unser Joswig ist mit allen Wassern gewaschen. Von wegen nochmal ins selbe Eck. Herr Joswig knickte das Handgelenk ab und die Pille rasselte ins linke untere Eck. Eins vor der TSV. Nico Mairle wurde indes vom Mannschaftsrat informiert, dass, wenn er jetzt nicht hält, er nach Hause laufen muss. Dies zeigte Wirkung. Da er nicht der Lauffreudigste ist, packte er wieder seine grimmige Mine aus, dem Akteur der SG zitterten nicht nur die Beine. 22.22 Uhr fiel der Hammer, Nico hielt und Hendesse im Finale des BHV-Pokals.
Rühmliches Ende einer langen Dienstfahrt. Festzustellen bleibt, dass die Partie, trotz ihrer Brisanz sehr fair war. Ebensolches gilt für Mannschaftsverantwortliche und Zuschauer der SG. Die Pokalhelden waren körperlich, wie auch psychisch quasi „bettfertig“. Die lange Heimfahrt klappte auch fehlerfrei, so dass dem zweiten Pokalfinale in Folge nichts mehr im Weg steht. Spielerisch vielleicht nicht ganz verdient, aber kämpferisch hochverdient setzte der TSV sich gegen eine tolle SG Odenheim durch.

Es kämpften für den TSV Handschuhsheim:
Im Tor Nico Mairle (fünf gehaltene Siebenmeter) und Philipp Gspandl – Felix Weber 2/1, Niko Ullmerich 2, Erik Drück, Chris Joswig 8/3 (100%), Klaus Dahlmann, Jonas Bald 4, Robin Gassert 3, Sören Drück, Daniel Schmitt 7, Joscha Frank 3, Vincent Stupp 6.